Deutscher Experte leitet das RICAIP-Center of Excellence an der technischen Universität in Prag
Dr. Tilman Becker leitet ab Januar 2020 das neu gegründete RICAIP-Zentrum (Research and Innovation Centre on Advanced Industrial Production) am tschechischen Institut für Informatik, Robotik und Kybernetik der Technischen Universität in Prag (CIIRC CTU). Vor seinem Wechsel nach Tschechien hat Tilman Becker mehr als 25 Jahre lang am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz an KI-Themen geforscht. Im Rahmen des gleichnamigen Projekts wird er das RICAIP-Zentrum mit einem Budget von 48,2 Mio. Euro leiten, das den Aufbau und die Nutzung von Testbed-Forschungsinfrastrukturen zunächst für die Kernpartner, später auch für ganz Europa vorantreibt. Am RICAIP will Becker die neuesten Technologien für den Einsatz von KI in der Industrierobotik mit direkten Anwendungen in der Produktion weiterentwickeln. Er wurde von einem internationalen Auswahlkomitee im Jahr 2019 als RICAIP Direktor empfohlen.
Becker hat sein Studium der Informatik an der RWTH Aachen in Deutschland abgeschlossen. Nach einem Studienaufenthalt an der University of Pennsylvania promovierte er an der Universität des Saarlandes in Saarbrücken. Weitere Karriereschritte führten ihn an das Mercedes-Benz Research Lab und das Institute for Research in Cognitive Science in Philadelphia (IRCS UPENN), bevor er 1995 zum Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz in Saarbrücken kam, wo er intensiv mit Prof. Dr. Wolfgang Wahlster zusammengearbeitet hat. Professor Wahlster gilt als wissenschaftlicher Vater des Konzepts Industrie 4.0, das er 2011 zusammen mit dessen industriellem Vater Professor Henning Kagermann und dessen politischem Vater Professor WolfDieter Lukas geprägt hat. „Die Mensch-Roboter-Kollaboration in hybriden Teams ist in Kombination mit Service-orientierten Architekturen (SOA), cyber-physischen Systemen (CPS) und Multi-Agenten-Systemen (MAS) eines der Kernkonzepte von Industrie 4.0: In all diesen Bereichen sind sowohl das CIIRC als auch das DFKI führende akademische Hotspots. Da in der Tschechischen Republik und in Deutschland die industrielle Produktion ein sehr bedeutender Wirtschaftszweig ist, ist dies eine ideale Partnerschaft, die die industrielle KI als Innovationsmotor für beide Länder ankurbelt“, sagt Professor Wahlster, wissenschaftlicher Gründungsdirektor und CEA des DFKI.
Tilman Becker ist in den letzten Jahren zu einer wichtigen Figur in der Vernetzung der Forschungsteams des CIIRC mit dem DFKI geworden. „Mit Dr. Tilman Becker an der Spitze gewinnen sowohl das RICAIP-Forschungsteam als auch das CIIRC als Ganzes eine bedeutende Verstärkung – eine Person mit internationalem Ruf, großer Erfahrung und großem Wissen“, sagt Professor Vladimír Mařík, wissenschaftlicher Direktor des CIIRC CTU, nach der Ernennung von Dr. Becker zum Direktor von RICAIP als Ergebnis eines internationalen Auswahlverfahrens. „Es ist uns ein Anliegen, dass er den Schlüsselpartner DFKI sehr gut kennt, was die Verknüpfung der Forschungsaktivitäten nicht nur im RICAIP-Projekt sehr erleichtern wird. Die Zusammenarbeit mit deutschen Partnern auf dem Gebiet der Automatisierung und Robotisierung der industriellen Produktion ist für unser Institut und die Wirtschaft des Landes von strategischer Bedeutung. Das RICAIPZentrum, das unter der Leitung von Tilman Becker aufgebaut wird, wird eine europäische Dimension haben und die Nutzung von Forschungsinfrastrukturen in ganz Europa ermöglichen“, so Mařík weiter.
„In Prag für RICAIP zu arbeiten, bedeutet für mich eine große Herausforderung und Verpflichtung zugleich“, räumt Tilman Becker ein und betont: „Es ist eine einmalige Chance, ein echtes Exzellenzzentrum von den Anfängen bis zu den ehrgeizigen Zielen, wie sie für RICAIP definiert wurden, aufzubauen. Ich freue mich, eine zentrale Rolle bei der Verwirklichung dieses Ziels zu spielen, das nur im Team erreicht werden kann. Ich bin sehr froh, dabei auf die jahrelange, fruchtbare Zusammenarbeit zwischen unseren Teams im DFKI und im CIIRC aufbauen zu können – daher habe ich großes Vertrauen, dass ein solches Team am CIIRC vorhanden ist.“
Becker hat einen entscheidenden Anteil an der Konzeption der zentralen Ideen von RICAIP. Sein Ziel ist es, international zu agieren und die RICAIP-Testbeds mit anderen europäischen Forschungsinstituten zu vernetzen. Dabei profitiert er von seinem fundierten Wissen und seiner Erfahrung in den Bereichen digitale Transformation, maschinelles Lernen, cyber-physische Produktionssysteme und Mensch-Maschine-Interaktion sowie von den aktiven Verbindungen, die er sowohl zu großen Forschungsnetzwerken in den Bereichen Künstliche Intelligenz und Big Data (z.B. CLAIRE oder BDVA) als auch zu großen Industrieunternehmen hat. In seiner Funktion als Direktor will Tilman Becker die interdisziplinäre Zusammenarbeit am RICAIP stärken und die gesellschaftlichen Auswirkungen neuer Technologien in den Mittelpunkt stellen.
Das RICAIP – Research and Innovation Centre on Advanced Industrial Production ist ein Projekt auf der Basis einer strategischen Partnerschaft zwischen vier führenden tschechischen und deutschen Forschungseinrichtungen. Die Gründungspartner sind das CIIRC CTU zusammen mit CEITEC BUT (Central European Institute of Technology Brno University of Technology), DFKI (Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz) und ZeMA (Zentrum für Mechatronik und Automatisierungstechnik), beide mit Sitz in Saarbrücken. Ziel von RICAIP ist der Aufbau eines einzigartigen verteilten Forschungs- und Experimentierarbeitsplatzes „RICAIP Industrial Testbed Core“, der als erster seiner Art in Europa innovative Lösungen für eine fortschrittliche und voll integrierte industrielle Produktion entwickelt und testet und dabei ständig an die sich ändernden Rahmenbedingungen anpasst. RICAIP wurde in zwei Phasen im Rahmen der Horizon 2020 WIDESPREAD Teaming Calls der Europäischen Union vorbereitet und schließlich in der Teaming Phase 2 Call mit fast EUR 15 Mio. gefördert. Der Erfolg in dieser Evaluierung bedeutet für RICAIP zusätzliche Mittel aus den EU-Strukturfonds im Rahmen des tschechischen nationalen OP RDE-Programms in Höhe von fast 32 Mio. Euro für beide tschechischen Partner, die vor allem für die Ausstattung der Testbeds mit neuer technologischer Ausrüstung verwendet werden.
Weitere Informationen www.ricaip.eu
Das Tschechische Institut für Informatik, Robotik und Kybernetik ist ein modernes Wissenschafts- und Forschungsinstitut der Tschechischen Technischen Universität in Prag (CIIRC CTU), das exzellente Forschungsteams, junge Talente und einzigartiges Know-how zusammenbringt, um technologische Grenzen zu erweitern und an das Beste der tschechischen Tradition in der technischen Ausbildung anzuknüpfen. Die Forschungsarbeit des CIIRC CTU konzentriert sich auf vier Grundpfeiler: Industrie, Energie, intelligente Städte und eine gesunde Gesellschaft, sowohl in der Grundlagenforschung als auch in der angewandten Forschung. Die CIIRC CTU wurde 2013 gegründet und nimmt 2017 ihren vollen Betrieb in einer neu errichteten Anlage auf. Das Institut beschäftigt derzeit mehr als 260 Mitarbeiter in acht Forschungsabteilungen, ergänzt durch Center- und Testbed-Einheiten für Industrie 4.0. Ziel ist die Konzentration einer exzellenten Forschung in den Bereichen Robotik, intelligente, verteilte und komplexe Systeme, automatische Steuerung, computergestützte Fertigung, Bioinformatik, Biomedizin und assistive Technologien. Das CIIRC CTU unterstützt die horizontale Zusammenarbeit zwischen allen Teilen (Fakultäten und Instituten) der CTU und öffnet den Raum für eine gegenseitig vorteilhafte Zusammenarbeit mit anderen Universitäten, mit der Akademie der Wissenschaften der Tschechischen Republik, mit Industrieunternehmen und internationalen Institutionen. Das CIIRC CTU schafft ein einzigartiges Ökosystem der akademisch-industriellen Zusammenarbeit, in dem es vielfältige Formen der Projektfinanzierung aus nationalen, europäischen und privaten Quellen nutzt.
Mehr Informationen unter www.ciirc.cvut.cz.
Die Tschechische Technische Universität in Prag (CTU) wurde 1707 gegründet. Sie ist eine der ältesten technischen Universitäten in Europa und derzeit die größte technische Universität in der Tschechischen Republik. Die CTU bietet eine qualitativ hochwertige Ausbildung und eine lange Tradition von Spitzenforschung und Ingenieurwesen und zählt ca. 1.700 akademische Mitarbeiter, 18.500 Studenten, 8 Fakultäten (Bauwesen, Maschinenbau, Elektrotechnik, Nuklear- und Physikalische Technik, Architektur, Verkehr, Biomedizinische Technik, Informationstechnologie) und 5 Institute (inkl. CIIRC CTU). Für das akademische Jahr 2019/20 bietet die CTU ihren Studenten 170 akkreditierte Studiengänge an, davon 53 in Fremdsprachen. Im QS World University Ranking, das 1.620 Universitäten weltweit bewertet hat, liegt die CTU in Prag derzeit auf Platz 498, im Regionalranking “Emerging Europe and Central Asia” auf Platz 9, im Bereich “Computer Science and Information Systems” auf Platz 251 – 300.
Mehr Informationen unter www.cvut.cz