iSMAT - innovative Produktion von und mit smarten Materialsystemen

Problemstellung

Metalle und Polymere, die ihre Form ändern können und dabei gleichzeitig als ihr eigener Sensor fungieren, sind die modernen Antriebssysteme von morgen. Aufgrund ihrer multifunktionalen Eigenschaften werden sie auch als smarte oder intelligente Materialien bezeichnet. Die Forschung und Entwicklung in diesem Fachgebiet konzentrieren sich seit einigen Jahren darauf, Antriebssysteme wie Motoren, Pneumatik oder Hydraulik in vielen Bereichen unserer Arbeitswelt und unseres täglichen Lebens durch hochkompakte und energieeffizientere Systeme zu ersetzen. Beispielanwendungen hierfür umfassen druckluftfreie Industrie-4.0-Montagesysteme oder innovative Robotik-Lösungen, die mit intelligenten und soften Polymersystemen eine ungefährliche Mensch-Roboter-Kooperation ermöglichen. Innovative Greifsysteme werden neue energieeffiziente Handling-Konzepte verwirklichen und somit vor allem die Effizienz und Nachhaltigkeit im Bereich der Produktion stärken. Nicht zuletzt wird auch der Bereich der Biomedizin durch intelligente und hochintegrierte Kontinuumsrobotik profitieren und mit dieser innovativen Technologie neue Möglichkeiten und Methoden der Patientenbehandlung verwirklichen. Ein weiteres branchenübergreifendes Potenzial liegt im Bereich moderner Klimatisierungstechnik. Auf Basis spezieller Nickel-Titan-Legierungen kann Kälte und Wärme um ein Vielfaches effizienter erzeugt werden, als dies etablierte Verfahren wie die Kälte-Kompression heutzutage tun. Die „Elastokalorik“ zeigt dabei ein bisher nicht dagewesenes Potential zur Bewältigung der globalen Energie- und Klimaprobleme auf,da sie neben deutlich höheren Wirkungsgraden vollständig ohne klimaschädliche Gase auskommt.
So faszinierend die Eigenschaften intelligenter Materialien auch sind, der technologische Erfolg und der Durchbruch zu gesellschaftlich relevanten Anwendungen basiert auf deren wirtschaftlich attraktiver und nachhaltiger Produktion. Dies beginnt mit speziellen Fertigungstechnologien für diese Materialien, gefolgt von effizienten Montage- und Automatisierungsprozessen für Komponenten bis hin zu integrierten Systemlösungen, welche durch intelligente Algorithmen zur Ansteuerung und Selbstüberwachung maximalen Mehrwert gegenüber heutigen Aktor-Sensor-Lösungen darstellen.

Zielsetzung

Das übergeordnete Forschungsziel in den kommenden Jahren ist die ganzheitliche Steigerung des Technologie Reifegrades relevanter Produktionstechnologien über den gesamten Produktentstehungsprozess auf dem Weg hin zu zukünftiger Massenproduktion von intelligenten Antriebsund Klimasystemen basierend auf smarten Materialien. Dabei sollen in drei parallelen Projektvorhaben die Bereiche Fertigungstechnik, Montagetechnik sowie Aktorik und Sensorik gleichermaßen adressiert werden und durch bereichsübergreifende Kommunikation und Zusammenarbeit stets der vollständige Produktentstehungszyklus im Vordergrund stehen.
Das Gesamtvorhaben wird die international führende Position des Saarlandes im Forschungsbereich intelligenter Materialien („smart materials“) weiter stärken und darüber hinaus eine essenzielle Grundlage für die zukünftige Produktion von Systemen basierend auf diesen Materialien schaffen. Dies geht Hand in Hand mit den ersten Ausgründungsvorhaben aus den Forschungsgruppen der intelligenten Materialsysteme, welche sich zum Ziel gesetzt haben, die Forschungsergebnisse der vergangenen Jahre in kommerzielle Produkte zu überführen und diese auch am Standort Saarland selbst zu produzieren.

Vorgehen

Jedes einzelne der drei Teilprojekte verfolgt zwei konkrete Forschungsschwerpunkte in seinem Forschungsbereich der Produktionstechnologie und wird von Arbeitsgruppen- Kooperationen von Lehrstühlen und Professuren der Hochschule für Technik und Wirtschaft (htw), der Universität des Saarlandes (UdS) am Zentrum für Mechatronik und Automatisierungstechnik gemeinnützige GmbH (ZeMA) bearbeitet. Mit dem ZeMA als ideale Plattform für die Kooperation der beiden Saarbrücker Hochschulen wird die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen UdS und htw anhand des Forschungsbereiches der Smarten Materialsysteme ausgeweitet und intensiviert. Dabei kommen bei den formulierten Forschungsansätzen Smarter Materialsysteme die speziellen Expertisen der einzelnen Lehrstühle und Arbeitsgruppen zur Geltung. Das Projekt legt den Grundstein für eine mögliche Kommerzialisierung und Produktion neuer Produkte im Bereich Smarter Materialien. Die gewonnen Erkenntnisse müssen im Anschluss und zum Teil auch schon während der Projektlaufzeit mit Hilfe von bilateralen oder geförderten Kooperationsprojekten mit industriellen Partnern – im Idealfall aus der Region – in die Industrie übertragen werden.

Ergebnis/Projektstand

Im Bereich Fertigungstechnik wurden Laserschweißverfahren zur Herstellung von Aktor-Bündeln aus Formgedächtnislegierungen untersucht. Nachdem Experimente mit unterschiedlichen Schweißverfahren und parametern durchgeführt worden sind, konnte die Machbarkeit der Herstellung von Aktor-Bündeln gezeigt sowie Lösungsmöglichkeiten zur Optimierung der Schweißverbindung identifiziert werden. In einem zweiten Teilprojekt wurde der Herstellungsprozess von Nickel-Titan-Elementen per Rapid Prototyping untersucht. Es wurden geeignete Geometrien für elastokalorische Anwendungen identifiziert, Prozessparameter des pulverbettbasiertes Laserstrahlschmelzens von Nickel-Titan angepasst, sowie relevante Kenngrößen der Werkstoffperformance in Einsatz bestimmt. Im Bereich Montagetechnik wurden die Montage eines smarten Greifers auf Basis von Formgedächtnislegierungen sowie eines gerollten dielektrischen Elastomeraktors (DEA) optimiert. Im Ersten Teilprojekt stand vor allem die Reduktion der Bauteile des smarten Greifers im Fokus. Ebenso wurde mit der Planung eines möglichst modularen Montagesystems begonnen, das ein Zufuhrsystem für Bauteile und Betriebsmittel mit einem unterstützenden Assistenzsystem kombiniert. Im zweiten Teilprojekt wurde ein teilautomatisierter Prozess für die systematische Montage von gerollten und gestapelten DEA entwickelt. Vorrichtungen für das Stapeln der einzelnen Schichten, das Rollen, Schneiden, Crimpen und Kleben der DEA ermöglichen eine wiederholgenaue Fertigung, deren Qualität mithilfe einer MYSQL Datenbank überwacht werden kann. Ebenso integriert wurde ein definierter Prüfprozess, um die gefertigten Aktoren weiter zu verbessern. Im Bereich Sensorik und Aktorik wurde ein Assistenztool für die Montage entwickelt, das mithilfe metallbasierter dielektrischer Elastomere haptisches und akustisches Feedback ausgeben, sowie Eingaben entgegennehmen kann. Ein weiteres Teilprojekt beschäftigte sich mit der sensorlosen Regelung eines FGL-Aktors. Dabei wurde die sensorlose Überwachung mittels neuronaler Netze umgesetzt und experimentell validiert. In einem dritten Teilprojekt lag der Fokus auf der Kombination der Kräfte von Formgedächtnislegierungen mit einer elektrostatischen Kupplung, um energieeffiziente hybride Aktorsysteme zu entwickeln. Mithilfe des experimentellen Aufbaus konnten deutliche Energieeinsparungen im Vergleich zu einem herkömmlichen FGL-Aktor gezeigt werden.

Gefördert von:

Kontakt:

Dr.-Ing. Sophie Nalbach, E-Mail: sophie.nalbach@zema.de

Laufzeit:

01.10.2022 – 30.09.2025